Der Hotelverband Deutschland (IHA) hat sich mit einer Eingabe an das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) gewandt, um die Perspektive der Hotellerie in die Ausgestaltung des Ökosystems der digitalen Identitäten und der European Digital Identity Wallet (EUDI-Wallet) einzubringen.
Im Mittelpunkt steht die Frage, wie die europäischen Rahmenbedingungen (eIDAS2, EUDI-Wallet) so gestaltet werden können, dass Hotels digitale Identitäten im Check-in-Prozess – insbesondere bei ausländischen Gästen – rechtssicher, wirtschaftlich und flächendeckend einsetzen können.
Die Abschaffung der besonderen Hotelmeldepflicht für inländische Gäste war ein Zwischenschritt hin zu einem modernen, digital gestützten Meldesystem. Für die Betriebe allein bedeutet sie jedoch noch keine umfassende Entlastung:
Der eigentliche Verwaltungs- und Dokumentationsaufwand entsteht weiterhin beim Check-in ausländischer Gäste.
Medienbrüche, Papierformulare und manuelle Eingaben verhindern bislang durchgängige digitale Prozesse.
Der Hotelverband hat gegenüber dem BMDS deutlich gemacht: Der wirkliche Hebel für Entbürokratisierung und Prozessoptimierung liegt in der Digitalisierung der Meldeprozesse für ausländische Gäste – idealerweise auf Basis Europäischer Digitaler Identitäten und interoperabler EUDI-Wallets. Mit der überarbeiteten eIDAS-Verordnung (eIDAS2) und der Einführung der EUDI-Wallet schafft die Europäische Union die Grundlage für eine sichere digitale Brieftasche, in der Bürgerinnen und Bürger Ausweisdaten und weitere Nachweise hinterlegen und grenzüberschreitend nutzen können.
Für Hotels eröffnet dies neue Möglichkeiten:
Digitale Identitätsprüfung statt manueller Ausweiskontrolle am Empfang
Direkte Übernahme von Meldedaten in die Hotel- und PMS-Systeme
Schnellere, medienbruchfreie Check-in-Prozesse für Gäste aus dem In- und Ausland
Die IHA-Eingabe an das BMDS unterstreicht, dass die deutsche Hotellerie großes Interesse daran hat, EUDI-Wallets im Check-in-Prozess praktisch zu nutzen – auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus dem früheren, nicht verstetigten Pilotprojekt zum digitalen Hotel-Check-in.
In seiner Eingabe formuliert der Hotelverband Deutschland mehrere Kernanliegen an das BMDS:
Risikoadäquate Sicherheitsanforderungen für den Hotel-Check-in
Aktuell wird für den Hotel-Check-in das Sicherheitsniveau „hoch“ angesetzt. Aus Sicht der Tourismus- und Reisebranche ist dies deutlich höher als die bisherige analoge Praxis und würde zu Kosten und Komplexität führen, die insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe kaum tragbar sind. Der Hotelverband fordert eine Einstufung mit Augenmaß: Sicherheitsanforderungen sollten sich am tatsächlichen Risiko orientieren und gleichzeitig einen breiten, wirtschaftlich sinnvollen Einsatz digitaler Identitäten in Hotels ermöglichen.
Standardisierung und Interoperabilität
Damit digitale Identitäten im internationalen Reiseverkehr funktionieren, müssen EUDI-Wallets europaweit interoperabel sein. Einheitliche Standards und Schnittstellen sind Voraussetzung, damit Hotels Identitätsnachweise aus verschiedenen Ländern problemlos verarbeiten können. Wichtig ist zudem die Anbindung an gängige Hotelsoftware (PMS, CRS, Channel Manager) und bestehende Infrastrukturen.
Wirtschaftliche Zumutbarkeit und einfache Integration
Die Nutzung digitaler Identitäten darf kein Luxus für wenige, große Häuser sein. Transaktionskosten, Lizenzen und Integrationsaufwände müssen so ausgestaltet sein, dass auch kleine und mittlere Betriebe teilnehmen können. Referenzimplementierungen, Toolkits und praxistaugliche Schnittstellen sollen die Einführung im Markt erleichtern.
Nutzung auch für Gäste ohne EU-eID
Eine breite Nutzerbasis ist entscheidend für den Erfolg digitaler Identitäten.
Der Hotelverband weist darauf hin, dass in der Touristik ein erheblicher Anteil der Gäste aus Drittländern kommt. Wenn nur Personen mit in der EU ausgestellter eID die EUDI-Wallet nutzen könnten, wäre ein großer Teil der potenziellen Nutzer ausgeschlossen. Der Hotelverband spricht sich daher für Lösungen aus, die auch Gästen ohne EU-eID eine Teilnahme ermöglichen – beispielsweise über anerkannte internationale Identitätsschemata oder Brückenlösungen.
Delegation von Wallets und barrierefreie Nutzung
Für Familien, Gruppenreisen und Menschen mit Unterstützungsbedarf ist die Möglichkeit der Delegation von Identitätsnachweisen besonders wichtig.
Eltern sollten etwa für mitreisende Kinder handeln können, Reiseleitungen für Gruppen, Betreuer oder Begleitpersonen für Menschen mit Behinderungen.
Eine solche Delegationsfunktion würde die Reiseerfahrung dieser Zielgruppen verbessern und gleichzeitig einen Beitrag zu Inklusion und Barrierefreiheit leisten.
Freiwilliger Einsatz auch bei inländischen Gästen
Über die gesetzlichen Anforderungen hinaus sieht der Hotelverband Potenzial, EUDI-Wallets auch bei inländischen Gästen auf freiwilliger Basis zu nutzen. Der Check-in ließe sich so weiter beschleunigen, die Datenqualität würde steigen und Hotels könnten Prozesse noch stärker automatisieren – ohne neue Pflichtvorgaben zu schaffen.
Der Hotelverband Deutschland hat gegenüber dem BMDS seine Bereitschaft bekräftigt, sich aktiv in die weitere Ausgestaltung der europäischen und nationalen Rahmenbedingungen einzubringen. Digitale Identitäten und die EUDI-Wallet sind kein Zukunftsthema mehr, sondern eine zentrale Weichenstellung für die kommenden Jahre. Der Hotelverband setzt sich dafür ein, dass die Hotellerie in Deutschland von Anfang an mitgedacht wird – damit digitale Identitäten in der Praxis für Betriebe und Gäste gleichermaßen einen spürbaren Mehrwert bringen.
Die vollständige Eingabe des Hotelverbands an das BMDS finden Sie hier: